
Es ist ein spätsommerlicher Donnerstagabend, als sich die legendäre Freilichtbühne auf der Loreley in einen magischen Ort verwandelt. Über dem Rhein liegt eine sanfte Dämmerung, und die felsige Kulisse scheint wie geschaffen für ein Festival, das mehr als nur ein Konzert ist – ein dreitägiges Jubiläumsspektakel, um 30 Jahre In Extremo zu feiern. Schon beim Betreten des Geländes ist klar: Dies wird ein Fest der Freundschaft, der Musik und der gemeinsamen Geschichte einer Szene, die seit Jahrzehnten zwischen Mittelaltermarkt und Rock-Arena ihren Platz gefunden hat.
Metaklapa – ein ungewöhnlicher Auftakt
Der erste Festivaltag beginnt mit einer Überraschung. Metaklapa, die kroatischen A-cappella-Metaller, eröffnen den Abend auf ungewöhnliche Weise. Statt donnernder Gitarren füllt mehrstimmiger Gesang die Arena. Klassiker wie „Wasted Years“ oder „Fear of the Dark“ erklingen in reiner Vokalkunst, getragen von Rhythmen, die allein durch Stimmen entstehen. Anfangs wirken manche Besucher irritiert – doch schon nach wenigen Minuten brechen Applauswellen über die Sänger herein. Der experimentelle Auftakt funktioniert: Metaklapa lockern die Stimmung, lassen die Menschen mitsummen und legen so eine warme Grundlage für den restlichen Abend.
Bilder von Metaklapa gibt es hier: https://rock-konzert-magazin.com/metaklapa/
Schandmaul – die alten Geschichtenerzähler
Als nächstes betreten Schandmaul die Bühne. Die Mittelalter-Folkrocker aus Bayern sind längst feste Größen in der Szene, und ihr Auftritt gleicht einer Reise durch 25 Jahre Bandgeschichte. Mit „Teufelsweib“, „Walpurgisnacht“ und „Dein Anblick“ ziehen sie das Publikum sofort in ihren Bann. Dudelsäcke, Geige und treibende Rockrhythmen erzeugen eine mitreißende Energie, die sich vom ersten Ton über die Ränge ergießt. Besonders bemerkenswert: Trotz der frühen Stunde gelingt es Schandmaul, die Zuschauer zu kollektiven Chören zu bewegen – ein Vorgeschmack auf das, was später noch folgen soll.
Bilder von Schandmaul gibt es hier: https://rock-konzert-magazin.com/schandmaul/
Faun – die Magier der Nacht
Dann wechselt die Stimmung. Faun, bekannt für ihre mystische Aura, tauchen die Loreley in ein märchenhaftes Licht. Nebelschwaden, Harfenklänge, Drehleier und mehrstimmiger Gesang schaffen ein fast tranceartiges Erlebnis. Stücke wie „Walpurgisnacht“, „Baldur“ oder „Odin“ entfalten eine hypnotische Kraft, die das Publikum in eine andere Welt entführt. Viele Zuhörer schließen die Augen, lassen sich von den Klängen tragen. Spätestens bei „Wenn wir uns wiedersehen“ verwandelt sich die Freilichtbühne in eine Tanzfläche voller bewegter Silhouetten. Faun gelingt der Brückenschlag zwischen Mittelalterromantik und moderner Festivalatmosphäre – ein Beweis dafür, wie vielfältig diese Szene geworden ist.
Bilder von Faun gibt es hier: https://rock-konzert-magazin.com/faun/
Feuerschwanz – Humor, Härte und Spektakel
Nach dieser entrückten Reise betreten Feuerschwanz die Bühne – und die Stimmung kippt schlagartig in Richtung Ekstase. Mit Pyroshow, Humor und Heavy-Riffs heizen sie den Fans mächtig ein. „Memento Mori“ und „Untot im Drachenboot“ verwandeln die Arena in ein tobendes Meer aus Fäusten und Stimmen. Frontmann Hauptmann Feuerschwanz treibt das Publikum zu kollektiven „Hey!“-Rufen, während Hodi und Johanna die Show mit schelmischen Ansagen und kraftvollem Spiel anführen. Ihre Performance lebt von Ironie und Selbstironie, doch dahinter steckt musikalische Präzision. Als schließlich „Das Elfte Gebot“ erklingt, singen tausende Kehlen mit – ein Höhepunkt, der kaum zu toppen scheint.
Bilder von Feuerschwanz gibt es hier: https://rock-konzert-magazin.com/feuerschwanz/
In Extremo – die Jubilare des Abends
Doch dann ist es soweit: Die Jubilaren selbst, In Extremo, entern die Bühne – und die Loreley explodiert in Jubel. 30 Jahre Bandgeschichte, und doch wirkt alles frisch, kraftvoll, voller Leidenschaft. Schon das Intro „Wintermärchen“ baut eine Gänsehaut-Stimmung auf, bevor „Troja“ die ersten Gitarrenwände losbricht.
Die Setlist ist eine sorgfältige Reise durch drei Dekaden, ein musikalischer Rückblick und zugleich ein Ausblick. „Vollmond“ bringt den Chor der Zuschauer erstmals in voller Stärke zum Einsatz, während „Werd ich am Galgen hochgezogen“ die düster-archaische Seite der Band betont. „Herr Mannelig“ erklingt mit monumentaler Wucht, bevor „Erdbeermund“ und „Unsichtbar“ das Publikum mit neuen und alten Hits gleichermaßen fesseln.
Besonders emotional wird es bei den Gastauftritten: Oliver Satyr von Faun tritt zu „Vänner och Frände“ und „Feine Seele“ auf die Bühne – ein magischer Moment, bei dem Folk und Rock miteinander verschmelzen. Später sorgt der gemeinsame Auftritt mit Rauhbein bei „Weckt die Toten“ für einen massiven Publikumschor, der weit über die Loreley hinaus zu hallen scheint.
Die Setlist hat alles: die epischen Hymnen („Kompass zur Sonne“, „Siehst du das Licht“), die melancholischen Balladen („Küss mich“), und die mitreißenden Tanznummern („Villeman og Magnhild“). Jeder Song ist ein Teil der gemeinsamen Geschichte zwischen Band und Fans.
Der Zugabenblock beginnt akustisch: „Frei zu sein“ und „Nur ihr allein“ erinnern an die Wurzeln, an intime Lagerfeueratmosphäre. Doch es bleibt nicht ruhig: Mit „Sternhagelvoll“, „Feuertaufe“ und schließlich „Pikse Palve“ endet der Abend in einem gigantischen Feuerwerk aus Pyrotechnik, Dudelsäcken und donnernden Gitarren.
Der erste Tag des Jubiläumsfestivals zeigt, wie facettenreich die Mittelalter- und Folkrock-Szene geworden ist. Vom A-cappella-Experiment über Folk-Magie bis hin zu Rock-Spektakel – jede Band fügte ein eigenes Kapitel hinzu, das im großen Finale von In Extremo zu einem Ganzen verschmolz.
Es war nicht nur ein Konzert, sondern ein Fest der Gemeinschaft. Die Loreley bebte, der Rhein trug die Klänge weit hinaus, und die Besucher wussten: Das war erst der Anfang. Noch zwei Tage liegen vor ihnen – doch der Auftakt hat Maßstäbe gesetzt.
Bilder von In Extremo gibt es hier: https://rock-konzert-magazin.com/in-extremo/