
Zwei Jahre ist es her, da wurden The Warning in Europa erstmals von einer breiten Fanschar wahrgenommen. Ihr Album “Error” heimste gute Kritiken ein, und nach endlich überstandener Corona-Pandemie hatten sowohl Royal Blood als auch die Stadion-Prog-Rocker Muse die Mexikanerinnen mit durch Europa genommen. In der Heimat gab es sogar Opening-Slots vor Muse in Stadien. Heute sind The Warning zwar noch ein gutes Stück von Headliner-Konzerten in den Fußball-Arenen dieser Welt entfernt, aber: Mal abgesehen von Boygenius, dem Zusammenschluss der Singer-Songwriterinnen Lucy Dacus, Phoebe Bridgers und Julien Baker, wird keine rein weiblich besetzte Band in den letzten zwei, drei Jahren so sehr gehypt- Weltweit touren die Villareal-Vélez-Schwestern Daniela (Gitarre), Alejandra (Bass) und Paulina (Drums) erfolgreich, spielen große Festivals (bald auch Rock am Ring/Rock im Park) und die Hallen werden größer und größer. Mit dem vierten Album “Keep Me Fed”, das es in die Top 20 der deutschen Charts schaffte, waren die Geschwister aus Monterrey bereits im April 2024 in Köln, damals noch in der Live Music Hall. Nun sind Sie in der Batschkapp in Frankfurt.
Bevor die fuzzigen Alternative-Rock-Hymnen mexikanischer Herkunft aufs Publikum herabregneten, waren aber erstmal Still Talk am Werk. Still Talk stammen aus Köln. Ben, Lucas, Kevin, Micha und Tanja durften The Warning bereits 2024 in Freiburg und Münster begleiten und “haben festgestellt, das The Warning die besten Fans hat“, wie es die Sängerin formulierte. Das Quintett bedient musikalisch diejenigen, die leicht Emo-beeinflussten Pop-Punk mögen, Erinnerungen an Avril Lavigne oder Paramore werden wach. Mit zahlreichen Songs des Debütalbums “St. Banger” von 2023 sorgen die Fünf für gute Stimmung und hinterlassen einen energischen und sympathischen Eindruck. “Alles ok bei Euch? Ihr seid schon so lange hier …“, fragt Tanja die Fans in den vordersten Reihen – ja, in einer ausverkauften Batschkapp steht man traditionell fest gepresst wie eine Ölsardine, insbesondere ganz vorne in Bühnennähe.
Anscheinend ging es aber allen gut, so wurde schon eifrig mitgeklatscht und gejubelt, obwohl Still Talk für die allermeisten Anwesenden noch ein völlig unbeschriebenes Blatt waren. Nach Tanjas Angaben war es die größte Show der jungen Bandgeschichte – diese wird aber schon sehr bald zahlenmäßig deutlich übertroffen. Denn: “Wir spielen dieses Jahr Rock am Ring!” Um dann anzufügen: “Sehr früh …” Ja, jeder fängt man klein an, Still Talk haben aber sicher Potenzial für Größeres. Nur in den ganz hohen Tonlagen ließ sich der eine oder andere stimmliche Wackler heraushören.
30 Minuten Support, 30 Minuten Umbau. Punkt 21 Uhr betraten The Warning die Bühne und feuerten direkt mit den Eröffnungssongs des “Keep Me Fed”-Albums aus allen Rohren. Irgendwie merkt man den drei Damen an, dass sie Schwestern sind. Allesamt gerade mal Anfang bis Mitte 20, spielen sie wie alte Häsinnen, wie aus einem Guss. Da sitzt jeder Griff, da wird auf jeden Spontan-Jam passend eingegangen. Und das Publikum frisst ihnen aus den Händen. Der Moment, wenn nach dem zweiten Refrain von “S!ck” die ruhige Bridge einsetzt, die von einem laut geschrienen “SILENCE!” aus rund 1500 Kehlen beendet wird – das hat schon Stadionqualität. Hier sind es heute die Fans, die aus einem guten Rockkonzertabend einen sehr guten Rockkonzertabend machen. Gitarristin Dany, die auch das Gros der Gesangsparts übernimmt, war die Begeisterung über “beautiful voiced Frankfurt” anzuhören und anzumerken.
Da braucht es auch keine werweißwie kreativen Showelemente. Die drei Schwestern stehen respektive sitzen vor flackernden senkrechten LED-Leisten – das war es. Lange Zwischenansagen spart sich Dany ebenfalls. Der Fokus liegt auf dem Wesentlichen, und das sind genial-eingängige Rocksongs von zumeist dreieinhalb Minuten Länge mit ausreichend Parts zum lautstarken Mitsingen. Zwischendrin setzt ein eher ruhiges Gitarrensolo von Dany einen Kontrapunkt, wie auch das Vorab-Intro zu “More”, dem vielleicht besten Song der aktuellen LP, bei der die Bühne für rund eine Minute in knallpinkes Licht getaucht wird. The Warning spielen die komplette “Keep Me Fed” mit allen zwölf Songs, eine Hand voll vom Vorgänger “Error” und zwei vergleichsweise olle Kamellen. Wenngleich sich “Survive” und insbesondere “Narcisista” ebenfalls prächtig ins Set einfügen. Der wohl magischste Moment eines rundum gelungenen 90-Minuten-Auftritt entsteht aber gegen Ende der spanischsprachigen Halb-Ballade “Martirio” durch einen mehrminütigen Publikumschor der Outro-Melodie. Auf der Bühne sieht man drei strahlende junge Damen, denen man die authentisch-kindliche Freude darüber anmerkt, dass rund 1500 Menschen am anderen Ende der Welt ihre Melodien singen.
Apropos erfreulich: The Warning konnten auf einem Dienstagabend ein erstaunlich diverses Publikum locken. Alt, jung, männlich, weiblich, bunt gemischt. Gesichtet wurden Bandshirts so verschiedener Acts wie – na klar – Royal Blood, aber auch Mono Inc., Blitz Union, Rammstein oder Electric Callboy – dazu waren gleich mehrere Fans im klassischen Punk-Outfit oder auch mit Wacken-Festivalshirts vor Ort. Wer diese verschiedenen Szenen vereint und dann so abliefert wie The Warning, dem kann doch nur eine große Zukunft bevorstehen.
Setlist THE WARNING Frankfurt Batschkapp
01. Six Feet Deep
02. S!ck
03. Satisfied
04. Escapism
05. Apologize
06. Choke
07. More
08. Money
09. Survive
10. Qué Más Quieres
11. Consume
12. Burnout
13. Sharks
14. Disciple
15. Hell You Call A Dream
16. Martirio
17. Evolve
18. Narcicista (Z)
19. Automatic Sun (Z)
Bilder von The Warning gibt es hier: https://rock-konzert-magazin.com/the-warning/
Bilder von Still Talk gibt es hier: https://rock-konzert-magazin.com/still-talk/